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Grußwort

Zufälle sind es, die oft den Lauf unseres Lebens bestimmen. Zufälle sind es, - doch wenn wir Menschen daran glauben, dass unser Leben auf dieser Welt einer besonderen Berufung entspricht, nennen wir sie Schicksal.

Wäre mir einst prophezeit worden, dass ich viele Jahre lang ein ganz außergewöhnliches Leben unter gefährlichen Raubtieren tropischer Meere führen würde, dann hätte ich das vielleicht nicht einmal für gänzlich unwahrscheinlich gehalten. Denn schon immer waren es möglichst ausgefallene, „verrückte“ Ideen, die mich am meisten fasziniert haben. Hätte mir aber damals jemand vorausgesagt, dass aus mir noch ein Fotograf, mehr noch: ein leidenschaftlicher Naturfotograf werden würde, dann hätte ich sicherlich nur gelacht oder wäre vielleicht sogar beleidigt gewesen.

Nein, Fotografen standen damals, Ende der 30er Jahre, nicht hoch in meiner Achtung. Ich knipste zwar selbst mit meiner Baby-Box dann und wann ein nettes Mädchen zur Erinnerung, doch für jene eigentümlichen Menschen, die mit einem Belichtungsmesser in der Hand und einem zugekniffenem Auge aufgeregt um ihr Stativ herumlaufen, dann halbe Nächte in einer Dunkelkammer zubringen und schließlich unglückliche Mitmenschen dazu zwingen, ihre endlosen Alben zu bewundern, - nein: für sie hatte ich gar kein Verständnis.

                         

Und doch – schon sehr bald gehörte ich selbst in ihre Reihen! Genau wie sie begutachtete nun auch ich mit zugekniffenem Auge die Schönheiten der Natur auf ihre bildmäßige Wirkung, und mehr noch: es nötigte mir sogar die Feder in die Hand, meine Erfahrungen auf dem Gebiet der Naturfotografie unter Wasser niederzuschreiben, auf dem ich schon in kurzer Zeit Pionierarbeit leisten konnte.

Nach ersten Versuchen in Wiener Schwimmbädern fertigte ich meine ersten Unterwasseraufnahmen 1938 in der Adria bei Dalmatien an. Sie waren schon sehr ansehnlich, zeigten mir aber, dass ich mein Wissen und Geschick sowie meine selbstgebaute Unterwasserkamera weiterentwickeln und verbessern musste. Dies geschah Schritt für Schritt, und mit jeder weiteren Expedition wuchs meine fotografische Ausbeute. Immer mehr „Glanzlichter“ sammelten sich in meinem Bildarchiv. Das beachtenswerteste ist wohl eine Unterwasseraufnahme vom Kopf eines Pottwales, die ich 1953 vor den Azoren aufnahm. Das Bild wurde kurz darauf als Doppelseite im amerikanischen „Life-Magazine“ abgedruckt. Noch nie zuvor war dieses große Raubtier unter Wasser fotografiert worden.

Aber es müssen nicht immer solche sensationellen Aufnahmen sein, um ein Foto zu einem „Glanzlicht“ werden zu lassen. Jede Aufnahme eines noch so unscheinbaren Tieres oder einer Pflanze kann einen hohen, persönlichen Wert besitzen. Sehr oft sieht man ihr leider nicht an, durch welch große Mühe, mit wie viel Vorplanung und auch dem erforderlichen Quäntchen Glück sie erst entstehen konnte!

Naturfotografen sind Botschafter für die Schönheit der Natur und die Notwendigkeit ihrer Bewahrung. In den letzten 5 Jahrzehnten hat sich immer deutlicher gezeigt, dass die Übermacht des Menschen für uns selbst und für das gesamte Lebensgeschehen bedenklich wird. Heute ist diese Entwicklung an einen kritischen Punkt angelangt. Der Planet Erde und seine Ressourcen werden zu klein für diese Entwicklung. Der technische Fortschritt wie auch das menschliche Genussstreben müssen so eingebremst werden, dass wir mit den Interessen der übrigen Lebewesen und mit den begrenzten Möglichkeiten, die dieser Planet bietet, in Einklang kommen. Nur über Einsicht in die tatsächliche Lage und in die beschränkten Grenzen weiterer Entwicklung kann die Natur mit ihren ungeheuren Schätzen und Reichtümern für die nachfolgenden Generationen erhalten bleiben. Naturfotografen können wesentlich dazu beitragen, diese Botschaft in die Öffentlichkeit zu tragen.

 

                                                 

 

                                     Prof. Dr. Hans Hass, Wien.

                                     www.hans-hass.de

                                     www.hist-net.de

 
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