Vorwort
Das Dutzend ist voll – wo ist die Zeit geblieben. Nun, da alle Texte und das Layout für das Buch fertig sind, bleibt mir nur noch die alljährliche Aufgabe, mein Vorwort zu schreiben. Viele Dinge gingen mir während der Jurierung, der Sichtung der Siegerbilder und dem Lesen der Geschichten, die die Fotografen zu ihren Bildern schrieben, durch den Kopf. Immer wurde ein Memo auf der Festplatte meines Kopfes geschrieben, nicht vergessen – Vorwort.
Zunächst einmal freut sich unser Team, dass die neue Art der Teilnahme, die Bilder online einzusenden, jedes Jahr mehr angenommen wird. Weltweit von Indien bis Alaska, von Kenia bis Russland, kamen die Bilder über das Netz hier an. Und wir konnten täglich beobachten, wie sich die Anzahl der Bilder bis zum Einsendeschluss der Vorjahreszahl näherte und schließlich die magische Zahl überschritt.
Die Vorbereitungen zur Jurierung der inzwischen überwiegend digital eingereichten Bilder, egal ob online oder per CD, sind für uns etwas aufwändiger. Doch es macht uns sehr viel Spaß, die Bilder für die Sichtung der Juroren so zu präsentieren, dass die Jurierung auf dem Bildschirm zum Erlebnis wird. Und ich habe einen kleinen Vorteil, denn dabei muss ich mir jedes Bild schon einmal anschauen. Es ist wie Baden in Bilderwelten, das Erleben von Motiven, die ich selbst schon fotografiert habe oder die ich gerne einmal vor der Linse hätte. Ich selbst bin dann immer sehr gespannt, wie die Urteile der anderen Juroren ausfallen. Die Entscheidung, welches Bild oder Motiv ein Siegerbild wird, ist bei jeder Jurierung anders. Dieses Jahr wurde besonders auf die Komposition, auf neue Sichtweisen der Natur und Kreativität des Bildes geachtet. Der emotionale Eindruck eines Bildes stand an erster Stelle.
Alle Juroren waren von der Qualität der eingereichten Bilder beeindruckt. Anders, der aus Schweden zur Jurierung anreiste, sagte bei der ersten Auswahl: „What’s the hell I’m doing here, why must I delete so many good photos!“. Und so ging es auch uns anderen Juroren. Wie immer war die letzte Runde die Schwierigste, welches Bild wird Sieger, welches verbleibt auf den Plätzen elf bis zwanzig.
Als dann die Originaldateien und Raws angefordert waren und wir diese kontrolliert hatten, war ich selbst sehr erstaunt – in diesem Fall aber positiv.
War es doch in der Vergangenheit nicht selten der Fall, dass der Fotograf sein digitales Foto mit einen extremen Ausschnitt so bearbeitete, wie er es sich wünschte, so konnten wir dieses Jahr feststellen, dass sich bei vielen Fotografen wieder die alte Leidenschaft eingestellt hat, schon bei der Aufnahme „richtig zu fotografieren“. Beinahe alle Siegerbilder waren im Format der Originalaufnahme umgesetzt worden, nur sechs Bilder zeigten eine geringe Randbeschneidung, einige wenige änderten das Format in Panorama oder Quadrat.
Traurig stimmte uns, dass wir zwei Fotos, die unter den Siegerbildern waren, ausschließen mussten, da wir unerlaubte Bildbearbeitung festgestellt haben. Auch hier galt, das eingereichte Bild war ein Siegerbild, jedoch war das Originalbild für uns Juroren noch viel interessanter und dynamischer, als das beschnittene und bearbeitete Bild. Schade, dass es immer noch nicht ohne die vielgescholtene „digitale Bildmanipulation“ in Naturfotowettbewerben geht. Immer wieder hoffen wir, davon verschont zu bleiben. Doch die Versuchung scheint doch noch zu groß zu sein.
Jeder Naturfotograf sollte sich doch bewusst sein, dass die Natur keine Manipulation nötig hat. Sie ist einfach schön, so wie sie sich uns darbietet. Nur wer sich der Natur ganz öffnet und sie nicht nur mit den Augen, sondern mit allen Sinnen erfasst, der wird gute und nicht nur schöne Bilder einfangen. Wenn das Bild dem Fotografen nicht optimal erscheint, dann hat er etwas falsch gemacht. Er war nicht geduldig genug, nicht zur richtigen Zeit präsent oder hat sich zu wenig Mühe gegeben, den Bildausschnitt oder das Motiv richtig ins Bild zu setzen.
Geht es Ihnen nicht manchmal auch so, dass Sie schon beim Auslösen wissen, dass dieses soeben gemachte Bild in den Papierkorb wandert, weil Sie einfach zu ungeduldig waren? Und sagt nicht so mancher Fotograf heute, das kann ich noch am Computer optimieren. In diesem Fall ist es für mich persönlich keine Naturfotografie mehr.
Doch die Vielzahl der wirklich exzellenten Bilder, die uns vorlagen, zeigt uns wie viele Naturfotografen mit dem Herzen und für die Natur unterwegs sind, Bilder für Projekte erstellen, die der Natur helfen zu überleben und uns Menschen Freude bereiten. Solange wir diese Bilder in unserem Wettbewerb sehen, sind wir gewiss, es ist noch nicht zu spät, über das Medium Fotografie mitzuhelfen, die Natur für unsere Kinder zu erhalten.
Mara Fuhrmann
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