Grußwort
Dass es mir vergönnt war, ein Leben lang in der Natur tätig zu sein und das Leben der Tiere weltweit für Unterricht, Forschung, Fernsehen und für den Naturschutz zu dokumentieren, verdanke ich vielen günstigen Fügungen.
Vor allem, dass ich schon im Kindesalter in die Heimat meines Vaters nach Ostpreußen, einem Mekka für Naturbeobachtungen, kam. Dort war Anfang der dreißiger Jahre das vom Menschen dem Wald abgerungene Land noch die artenreichste Landschaft. Extensiv in der Dreifelderwirtschaft genutzt, bot die Landschaft den vielen Tierarten der mageren Natursteppe bei ganzjährigem Nahrungsangebot einen reich gedeckten Tisch.
Das änderte sich schlagartig zu Beginn der fünfziger Jahre mit der Zunahme himmelweiter, eintöniger Monokulturen. Immer mehr Gebiete wurden in den letzten Jahrzehnten zu übervölkerten Zivilisationslandschaften. Dies führte dazu, dass heute bereits die Hälfte unserer Wirbeltierarten in ihrer Existenz bedroht ist.
Wer hätte es noch vor Jahrzehnten für möglich gehalten, dass Verstädterung und Motorisierung einen derartigen Aufschwung erleben würden.
Was wir dringend brauchen, ist mehr Ordnung in der Natur. Wir benötigen Erholungslandschaften für den Menschen, wir brauchen aber auch Erholungslandschaften für die Natur.
Um so wichtiger ist es, besonders Kinder und Jugendliche für die Zusammenhänge in der Natur zu sensibilisieren, damit sie die Notwendigkeit einer intakten Natur für unser tägliches Leben erkennen. Dies ist auch das Anliegen meiner Stiftung auf Gut Herbigshagen bei Duderstadt: 'Naturschutz als positive Lebensphilosophie' - Erkennen durch persönliches Erleben in freier Natur. Die Idee, Menschen zur Tierfotografie anzuregen und ihre schönsten Bilder einem breiten Publikum zu präsentieren, empfinde ich als einen weiteren erfolgreichen Weg, die Natur zu schützen.
Den vielen großartigen Aufnahmen der letzten zwei Jahre wird mit diesem Buch ein weiterer Strauß beeindruckender Naturdokumente hinzugefügt. Besonders angetan bin ich von den Fotos aus Tiergärten und Wildgehegen. Zeigen alle diese Aufnahmen doch, dass man in der heutigen Zeit nicht unbedingt weite Reisen unternehmen muss, um exotische Tiere zu fotografieren. Besonders bedrohte Tierarten lassen sich in artgerechten Gehegen unbeeinträchtigt ablichten.
Ich möchte daran erinnern, dass der Tierfotograf bei seiner Arbeit in freier Natur viel Verantwortung trägt, vor allem im Frühjahr und Frühsommer, wenn Wald und Flur zu einer großen Kinderstube werden. Wie oft passiert es, dass der Fotograf aus Passion oder Zeitmangel einen transportablen, kaum getarnten Ansitz in unmittelbarer Nähe eines Vogelnestes aufbaut, um schnell zu möglichst wirkungsvollen Großaufnahmen zu gelangen. In sehr vielen Fällen hat das zur Folge, dass die Vögel dabei von ihren Nestern vertrieben werden.
Ich wünsche mir, dass dieses schöne Buch viele Menschen zu einer verantwortungsvollen, erlebnisreichen Tierfotografie führen wird.
Prof. Heinz Sielmann
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